Coaching -  Land of Confusion

Das Dilemma einer (noch) nicht offiziell anerkannten Berufsbezeichnung

 

 

"Coach" ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Das hat Vor- und Nachteile. Vorteil ist, dass man mit entsprechender Erfahrung und Ausbildung ziemlich unkompliziert loslegen kann wenn man bereit dazu ist. Nachteil sind die schwarzen Schafe, die sich auf dem Markt tummeln, oftmals in den sozialen Medien anzutreffen. Ich rede von den «Coaches», die Profit aus Menschen schlagen, die selbst jedoch nicht befähigt sind zu coachen. Ich schreibe bewusst "befähigt", da das Können, Wissen und die Erfahrung einfach nicht vorhanden sind. Sie wollen einfach nur dick Kohle machen. Egal wie, schnell, einfach, skrupellos. 

 

Meine Recherchen in den sozialen Medien

Da ich selbst viel im Netz recherchiere, möchte ich meine Beobachtungen mit euch teilen und euch darauf sensibilisieren, dass der Begriff «Coaching» leider zu oft missbraucht wird (Online Marketing übrigens auch) und der Coaching Markt durch solche Beispiele auch teilweise in Verruf gerät. Der Markt ist nicht reguliert und die Berufsbezeichnung wie gesagt nicht geschützt. Aber nun zu den Beispielen wie mit Coaching nicht umgegangen werden sollte:

 

Alles beginnt mit einem kostenlosen Online-Workshop oder noch besser: einem mehrtägigen Online Kurs. Alles gratis! Hammer! Täglich erhalte ich Werbeanzeigen mit folgenden Inhalten: «Baue mit nur einem Werbekanal ein 7-stelliges digitales Coaching Unternehmen auf.» Oder: «Um ein Coach zu werden, brauchst du weder eine eigene Website, noch Zertifikate oder ein Studium oder einen Podcast auf Social Media. Du brauchst nur eine Internetverbindung und ein Handy/Laptop.» Also kurz gesagt: du musst nichts können und verdienst 7-stellig. Jackpot! Wieso geh ich überhaupt noch arbeiten?

 

Das Sales-Funnel Prinzip

Die Anbieter dieser Art arbeiten nach dem Sales-Funnel-Prinzip. Das ist kein neues Modell: stellt euch einen Trichter vor, in dem viel Wasser herein geschüttet wird und unten ein feiner Strahl wieder heraus kommt. Der Trichter ist jedoch löchrig, also verlierst du bereits in der oberen Hälfte Wasser. Oder übersetzt: so viele Besucher wie möglich anlocken, damit am Ende vom Trichter genug Kunden herauskommen. Während dem Durchlauf gehen natürlicherweise auch Kunden verloren. Bei breiter Streuung kann das natürlich eine ordentliche Wirkung haben.

 

Wie die Lockangebote funktionieren

Die Kurse und die Workshops kosten erst nichts und werden dann immer teurer. In den gratis Workshops werden dir utopische Versprechen gemacht: tolle Autos, eine schöne Wohnung oder eine teure Uhr. Der erfolgreiche, digitale Coach zeigt selbstbewusst was er hat und prahlt mit seinem Besitz. Am besten mit Anzug - wirkt besser. Dann sieht man auch gleich viel älter aus und niemand merkt, dass er erst 20 Jahre alt ist. Dann kommt die Leidensgeschichte: «Mir ging es auch einmal so wie dir.» (als ich 14 war). Dann werden unrealistische Umsätze und Monatseinkommen erwähnt und wie mega einfach das alles doch ist. Dann noch ein bisschen Online Marketing Geplapper dazu (bloss nicht die Sales Funnel Taktik erwähnen) und sagen, dass dies jeder kann. Wirklich jeder. Deshalb gibt es ja auch so viele 

(Online-)Coaches, die Millionäre sind. Ironie aus. Tatsächlich haben einige dieser Coaches auch bestimmt viel Geld: nämlich wegen der Menschen, die darauf hereingefallen sind, ihr letztes Erspartes aufgebraucht haben und leider immer noch nicht erfolgreich sind.

 

Dir wird ausserdem mehr Zeit und Flexibilität versprochen. Das Problem ist nur: sie sagen dir nicht wie. Das erfährst du erst wenn du vierstellige Beträge für die weiteren Kurse ausgibst. Sie arbeiten also mit dem Geheimnisvollen und nicht mit Transparenz. Wenn du also erfolgreich sein willst solltest du diverse weitere Kurse besuchen, die dann natürlich kostenpflichtig sind…und einer reicht meistens nicht. 

 

Manipulation und Ängste

Es wird auch mit der Verknappung des Angebots gearbeitet, zum Beispiel «nur noch 3 Plätze frei». So hat der potenzielle Kunde «Angst» nicht schnell genug zu reagieren und nicht profitieren zu können. Also wird hier schon zu Beginn Druck erzeugt. Wenn du so weit gekommen bist, ist es möglich, dass du dich zuerst noch bewerben muss. Ja genau. Bewerben! Kleine Information am Rande: für ein seriöses Coaching muss man sich nicht bewerben. Man ruft an, führt ein Vorgespräch, klärt das Vorgehen ab und macht im Idealfall einen Termin aus. End of story. Sobald du dich irgendwo bewerben musst, kannst du schon davon ausgehen, dass hier etwas schief läuft.

 

Coaches können gerne über ihre Erfolge sprechen. Tue Gutes und rede darüber. Hier wird jedoch mit Ängsten gearbeitet und dir wird ein negatives Mindset vorgeworfen wenn du dich kritisch äusserst, Fragen stellst oder den versprochenen Erfolg nicht erreichst. Das verstärkt deine Angst und du denkst «Hm, vielleicht hat diese erfolgreiche Person ja recht.» Nein, hat sie nicht. Sie manipuliert dich, denn DU bist das Produkt geworden. Ein guter Coach geht auf Fragen ein, nimmt sich Zeit und beantwortet deine Anliegen.

 

Die Programme, die man von diversen «Coaches» auf Facebook oder Instagram findet, schimpfen sich «Money and Shine», «Road to success» oder versprechen «Instant Change». Auch hier nochmals: alles kostenlos. Dem potenziellen Kunden "Instant Change" zu versprechen, gefühlte 100'000 Emojis dazu posten und dann später dick Geld dafür einzukassieren halte ich für sehr fragwürdig.

 

Coaching als Dienstleistung

Fakt ist: Coaching ist eine Dienstleistung, die etwas kostet. Es kann sich hierbei um fixe Stundensätze handeln oder auch um Pakete. Der Coach und Coachee müssen in einem Vorgespräch erst einmal herausfinden ob sie zusammenpassen und ob der Coach überhaupt die Kompetenzen hat den Coachee zu begleiten. Ein guter Coach erklärt seine Arbeitsweise und präsentiert die Lösung nicht auf dem Silbertablett. Der Coachee soll aufgrund seiner persönlichen Ressourcen die für ihn passende Lösung zusammen mit dem Coach erarbeiten. Jeder Coach möchte für seine Dienstleistung bezahlt werden, es spricht auch nichts gegen Angebote. Jedoch sind auch hier Moral und Ethik wichtige Elemente im Coaching. Wer diese nicht mitbringt sollte definitiv kein Coach werden. Hier wird ein Geschäft mit Orientierungslosigkeit, Hoffnung und Angst geschürt. Was macht dieser Fake Coach wenn ein psychisch Kranker, der Psychotherapie und Psychiatrie meidet, sich „coachen“ lassen möchte? Allein der Gedanke macht mich wütend. Aufgrund der fehlenden rechtlichen Regelungen kann dies leider passieren. Es hat auch mehrere Jahre gedauert bis „Psychotherapie“ gesetzlich geregelt und rechtlich geschützt war. Ich hoffe, dass dies beim Coaching auch passieren wird.

 

Auf jeden Fall gilt: Augen auf bei der Coach-Wahl und falschen Versprechen auf den sozialen Medien. So findet ihr euch im Coaching Land of Confusion auch besser zurecht, denn Coaching ist eine tolle Sache wenn es gut umgesetzt wird. Es darf jedoch kein Spiel mit Menschen werden.